Ab diesem Monat wird ab dem 17.08.2015 die
neue europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung EU Nr. 650/212,
EU-Erb VO) auf Erbfälle angewandt. Geschrieben hatte ich über
das Thema in der Ibizaheute Ausgabe Juli 2014,
Die Verordnung wird in der gesamten EU, mit Ausnahme
von Irland, Großbritannien und Dänemark, wirksam.
Für Sterbefälle ab dem 17.08.2015 wird die
Erbfolge, sollten Sie als Erblasser kein Testament hinterlassen
oder in Ihrem Testament keine Anmerkung zu dem anzuwendenden Erbrecht
gemacht haben, nach dem Wohnsitzprinzip geregelt.
Wohnsitzprinzip:
In der neuen Erbrechtsverordnung gilt bei grenzüberschreitenden
Erbfällen das Wohnsitzprinzip, das bedeutet, dass die rechtliche
Erbfolge und der gesamte Nachlass des Verstorbenen, nach den Gesetzen
des Staates abgewickelt werden, in dem der Erblasser zuletzt seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei gerichtlichen Erbauseinandersetzungen
sind die Gerichte des Landes des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen
zuständig, außer der Erblasser hat in seinem Testament
oder Erbvertrag das anzuwendende Erbrecht bestimmt.
Sollte der Erblasser beim Versterben seinen letzten
gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien gehabt haben, so gilt spanisches
Erbrecht für die rechtliche Erbfolge seines gesamten Nachlasses.
Das spanische Erbrecht würde in diesem Fall auf sein ganzes
Weltvermögen angewandt werden und nicht nur auf das Eigentum,
welches der Verstorbene in Spanien hatte. In Spanien hat jede einzelne
Region "Comunidad Autónoma" ein unterschiedliches
Erbrecht und damit Erbfolge und die Erbauseinandersetzung würde
vor dem Gerichtshof des letzten Wohnsitzes des Erblassers in Spanien
nach spanischem Recht stattfinden. Nicht nur die Erbfolge, sondern
auch die Pflichtteilsansprüche sind in den einzelnen europäischen
Ländern und Regionen unterschiedlich geregelt. Der Pflichtteil
beläuft sich nach deutschem Erbrecht auf die Hälfte des
gesetzlichen Erbteils und ist ein Geldanspruch gegen den Erben.
In Spanien hingegen hat der Pflichteilanspruch eine größere
Bedeutung und wird im Grundbuch eingetragen.
Der Erblasser kann jedoch in der Form eines Testaments
oder Erbvertrags die Rechtswahl für seinen Nachlass bestimmen
und damit vorbeugen, dass das Erbrecht seiner Wahl bei seinem Versterben
Anwendung findet und nicht das Erbrecht seines letzten gewöhnlichen
Aufenthaltes.
Das Erbrecht und die Erbfolge sind nicht zu verwechseln
mit der Erbschaftssteuer!!!
Erbschaftssteuer:
Die Erbschaftssteuer fällt weiterhin in dem Land
an, in welchem die Erbmasse sich befindet. Sofern diese auf mehrere
Länder aufgeteilt ist, ist die Erbmasse in einem jeden Land
nach den dort geltenden Steuergesetzen zu versteuern. Die neue europäische
Erbrechtsverordnung hat nichts mit der zu zahlenden Erbschaftssteuer
in Spanien zu tun, welche bereits 6 Monate nach dem Tod des Erblassers
an das spanische Finanzamt zu entrichten ist, sondern nur mit der
rechtlichen Erbfolge.
Bei Erbschaften auf den Balearen beträgt die Erbschaftssteuer
unter Direktverwandten nur 1% auf die Erbmasse mit einem Freibetrag
von 25.000,- Euro pro Direkterbe und mehr, sollten die Erben unter
21 Jahren alt sein oder eine gesetzlich anerkannte Behinderung haben.
Zwischen Deutschland und Spanien besteht kein Erbschaftssteuer-Doppelsteuerabkommen,
weshalb das Anrechnungsprinzip gilt. Das bedeutet, dass die im anderen
Staat entrichtete Erbschaftssteuer grundsätzlich in dem Land
der Steueransässigkeit angerechnet wird.
Möglichkeit der Rechtswahl:
Die EU-Erbrechtsverordnung überlässt dem
Erblasser die Bestimmung seines Erbrechts, er hat die Möglichkeit
der Rechtswahl, welche für die Erbfolge und seine Nachlassregelung
zuständig zu sein hat. Dies ist ausdrücklich in seinem
letzten Willen bekannt zu geben. Sollte er dies nicht ausdrücklich
tun, wird bei seinem Todesfall, das Erbrecht seines letzten gewöhnlichen
Aufenthaltsortes angewandt.
Überprüfung alter Testamente und Erbverträge:
Für alte Testamente sieht die EU- Erbrechtsverordnung
einen gewissen Gültigkeitsschutz vor, sofern das Testament
oder der Erbvertrag nach dem für den Erblasser einschlägigen
Heimatrecht errichtet wurde.
Doch um testamentarischen Widersprüchen vorzubeugen, die bei
einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltes erfolgen könnten,
ist es ratsam, erstellte Testamente zu überprüfen, ob
das anzuwendende Erbrecht benannt wurde. Auch ist zu überprüfen,
ob eine Neuregelung des Nachlasses erforderlich ist.
Besonders zumal nun ein einziges Testament ausreichend
und ausschlaggebend für den gesamten Nachlass des Erblassers
ist, unabhängig davon, in welchem Land sich sein Nachlass befindet.
Ein Testament kann unter anderem Vermächtnisse wie auch Erbeinsetzungen
enthalten.
Ferner sind vor der Erstellung eines jeden neuen Testaments
alte Erbverträge und Testamente zu überprüfen, denn
es gibt Fälle bei denen der früher erstellte Erbvertrag
eine neue Nachlassregelung nicht ermöglicht, z.B. in dem Fall,
wenn der überlebende Ehepartner bei einem früher gegenseitig
abgeschlossenen Testament an eine Schlusserbeneinsetzung gebunden
ist. Das hinterlegte Testament sollte maßgeschneidert sein
und einen klaren und eindeutigen Inhalt haben.
Es ist Zeit und Kosten sparend Testamente nicht handschriftlich
zu hinterlegen, sondern den letzten Willen notariell anfertigen
zu lassen, denn notarielle Testamente werden in Deutschland als
auch Spanien in einem Zentraltestamentsregister (registro central
de últimas Voluntades) hinterlegt.
Oft sind selbsterstellte handschriftliche Testamente
aufgrund von Formfehlern unwirksam, werden von den Erben nicht wieder
aufgefunden oder können auch wissentlich beseitigt worden sein.
Sie sind meistens nur gerichtlich umzusetzen und erfordern die Beantragung
eines Erbscheins für die Annahme des spanischen Erbes, da spanische
Notare mit dem deutschen oder ausländischen Erbrecht in der
Regel nicht vertraut sind. Daher ist ein deutsches handschriftliches
Testament alleine für die notarielle Abwicklung der Erbschaftsannahme
in Spanien nicht ausreichend. Der spanische Notar benötigt
für die notarielle Erbschaftsannahme ein von einem Notar erstelltes
Testament oder einen Erbschein.
Mit der neuen Erbrechtsverordnung soll ein europäischer
Erbschein (Europäische Nachlasszeugnis), genannt ENZ eingeführt
werden, der Sie in jedem Mitgliedstaat als Erbe ausweißt.
Notarielle Erbschaftsannahme in Spanien:
Im Gegensatz zum deutschen Recht verlangt das spanische
Recht eine ausdrückliche Erbschaftsannahme des Erben, in der
das deutsche Erbrecht Anwendung findet. Diese muss in der Regel
bei einem spanischen Notar in Form einer notariellen Erbschaftsannahmeurkunde
erfolgen. Nur wer diese notarielle Urkunde besitzt und die entsprechende
Zahlung der spanischen Erbschaftssteuer beim spanischen Finanzamt
durchgeführt hat, wird die spanischen Güter, z.B. Immobilien
im Grundbuch oder Bankkonten, umschreiben lassen können.
Fazit: Bei allen Nachlassplanungen insbesondere,
wenn der künftige Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt
im Ausland hat, sollte zwingend geprüft werden, welches Erbrecht
im Todesfalle angewendet wird. Sofern dem künftigen Erblasser
an der Anwendbarkeit seines Heimatrechts gelegen ist, sollte er
im Rahmen seiner letztwilligen Verfügung unbedingt eine entsprechende
Rechtswahlvereinbarung treffen. Auch die Überprüfung bereits
errichteter Testamente ist empfehlenswert.
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