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Die neue europäische Erbrechtsverordnung

von der Economista (Steuerberaterin, Col.Nº 720) Kathrin Thedens aus der Kanzlei Thedens

 

Ab diesem Monat wird ab dem 17.08.2015 die neue europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung EU Nr. 650/212, EU-Erb VO) auf Erbfälle angewandt. Geschrieben hatte ich über das Thema in der Ibizaheute Ausgabe Juli 2014,

Die Verordnung wird in der gesamten EU, mit Ausnahme von Irland, Großbritannien und Dänemark, wirksam.

Für Sterbefälle ab dem 17.08.2015 wird die Erbfolge, sollten Sie als Erblasser kein Testament hinterlassen oder in Ihrem Testament keine Anmerkung zu dem anzuwendenden Erbrecht gemacht haben, nach dem Wohnsitzprinzip geregelt.

Wohnsitzprinzip:

In der neuen Erbrechtsverordnung gilt bei grenzüberschreitenden Erbfällen das Wohnsitzprinzip, das bedeutet, dass die rechtliche Erbfolge und der gesamte Nachlass des Verstorbenen, nach den Gesetzen des Staates abgewickelt werden, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei gerichtlichen Erbauseinandersetzungen sind die Gerichte des Landes des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen zuständig, außer der Erblasser hat in seinem Testament oder Erbvertrag das anzuwendende Erbrecht bestimmt.

Sollte der Erblasser beim Versterben seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien gehabt haben, so gilt spanisches Erbrecht für die rechtliche Erbfolge seines gesamten Nachlasses. Das spanische Erbrecht würde in diesem Fall auf sein ganzes Weltvermögen angewandt werden und nicht nur auf das Eigentum, welches der Verstorbene in Spanien hatte. In Spanien hat jede einzelne Region "Comunidad Autónoma" ein unterschiedliches Erbrecht und damit Erbfolge und die Erbauseinandersetzung würde vor dem Gerichtshof des letzten Wohnsitzes des Erblassers in Spanien nach spanischem Recht stattfinden. Nicht nur die Erbfolge, sondern auch die Pflichtteilsansprüche sind in den einzelnen europäischen Ländern und Regionen unterschiedlich geregelt. Der Pflichtteil beläuft sich nach deutschem Erbrecht auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein Geldanspruch gegen den Erben. In Spanien hingegen hat der Pflichteilanspruch eine größere Bedeutung und wird im Grundbuch eingetragen.

Der Erblasser kann jedoch in der Form eines Testaments oder Erbvertrags die Rechtswahl für seinen Nachlass bestimmen und damit vorbeugen, dass das Erbrecht seiner Wahl bei seinem Versterben Anwendung findet und nicht das Erbrecht seines letzten gewöhnlichen Aufenthaltes.

Das Erbrecht und die Erbfolge sind nicht zu verwechseln mit der Erbschaftssteuer!!!

Erbschaftssteuer:

Die Erbschaftssteuer fällt weiterhin in dem Land an, in welchem die Erbmasse sich befindet. Sofern diese auf mehrere Länder aufgeteilt ist, ist die Erbmasse in einem jeden Land nach den dort geltenden Steuergesetzen zu versteuern. Die neue europäische Erbrechtsverordnung hat nichts mit der zu zahlenden Erbschaftssteuer in Spanien zu tun, welche bereits 6 Monate nach dem Tod des Erblassers an das spanische Finanzamt zu entrichten ist, sondern nur mit der rechtlichen Erbfolge.
Bei Erbschaften auf den Balearen beträgt die Erbschaftssteuer unter Direktverwandten nur 1% auf die Erbmasse mit einem Freibetrag von 25.000,- Euro pro Direkterbe und mehr, sollten die Erben unter 21 Jahren alt sein oder eine gesetzlich anerkannte Behinderung haben.

Zwischen Deutschland und Spanien besteht kein Erbschaftssteuer-Doppelsteuerabkommen, weshalb das Anrechnungsprinzip gilt. Das bedeutet, dass die im anderen Staat entrichtete Erbschaftssteuer grundsätzlich in dem Land der Steueransässigkeit angerechnet wird.

Möglichkeit der Rechtswahl:

Die EU-Erbrechtsverordnung überlässt dem Erblasser die Bestimmung seines Erbrechts, er hat die Möglichkeit der Rechtswahl, welche für die Erbfolge und seine Nachlassregelung zuständig zu sein hat. Dies ist ausdrücklich in seinem letzten Willen bekannt zu geben. Sollte er dies nicht ausdrücklich tun, wird bei seinem Todesfall, das Erbrecht seines letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes angewandt.

Überprüfung alter Testamente und Erbverträge:

Für alte Testamente sieht die EU- Erbrechtsverordnung einen gewissen Gültigkeitsschutz vor, sofern das Testament oder der Erbvertrag nach dem für den Erblasser einschlägigen Heimatrecht errichtet wurde.
Doch um testamentarischen Widersprüchen vorzubeugen, die bei einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltes erfolgen könnten, ist es ratsam, erstellte Testamente zu überprüfen, ob das anzuwendende Erbrecht benannt wurde. Auch ist zu überprüfen, ob eine Neuregelung des Nachlasses erforderlich ist.

Besonders zumal nun ein einziges Testament ausreichend und ausschlaggebend für den gesamten Nachlass des Erblassers ist, unabhängig davon, in welchem Land sich sein Nachlass befindet. Ein Testament kann unter anderem Vermächtnisse wie auch Erbeinsetzungen enthalten.

Ferner sind vor der Erstellung eines jeden neuen Testaments alte Erbverträge und Testamente zu überprüfen, denn es gibt Fälle bei denen der früher erstellte Erbvertrag eine neue Nachlassregelung nicht ermöglicht, z.B. in dem Fall, wenn der überlebende Ehepartner bei einem früher gegenseitig abgeschlossenen Testament an eine Schlusserbeneinsetzung gebunden ist. Das hinterlegte Testament sollte maßgeschneidert sein und einen klaren und eindeutigen Inhalt haben.

Es ist Zeit und Kosten sparend Testamente nicht handschriftlich zu hinterlegen, sondern den letzten Willen notariell anfertigen zu lassen, denn notarielle Testamente werden in Deutschland als auch Spanien in einem Zentraltestamentsregister (registro central de últimas Voluntades) hinterlegt.

Oft sind selbsterstellte handschriftliche Testamente aufgrund von Formfehlern unwirksam, werden von den Erben nicht wieder aufgefunden oder können auch wissentlich beseitigt worden sein. Sie sind meistens nur gerichtlich umzusetzen und erfordern die Beantragung eines Erbscheins für die Annahme des spanischen Erbes, da spanische Notare mit dem deutschen oder ausländischen Erbrecht in der Regel nicht vertraut sind. Daher ist ein deutsches handschriftliches Testament alleine für die notarielle Abwicklung der Erbschaftsannahme in Spanien nicht ausreichend. Der spanische Notar benötigt für die notarielle Erbschaftsannahme ein von einem Notar erstelltes Testament oder einen Erbschein.

Mit der neuen Erbrechtsverordnung soll ein europäischer Erbschein (Europäische Nachlasszeugnis), genannt ENZ eingeführt werden, der Sie in jedem Mitgliedstaat als Erbe ausweißt.

Notarielle Erbschaftsannahme in Spanien:

Im Gegensatz zum deutschen Recht verlangt das spanische Recht eine ausdrückliche Erbschaftsannahme des Erben, in der das deutsche Erbrecht Anwendung findet. Diese muss in der Regel bei einem spanischen Notar in Form einer notariellen Erbschaftsannahmeurkunde erfolgen. Nur wer diese notarielle Urkunde besitzt und die entsprechende Zahlung der spanischen Erbschaftssteuer beim spanischen Finanzamt durchgeführt hat, wird die spanischen Güter, z.B. Immobilien im Grundbuch oder Bankkonten, umschreiben lassen können.

Fazit: Bei allen Nachlassplanungen insbesondere, wenn der künftige Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, sollte zwingend geprüft werden, welches Erbrecht im Todesfalle angewendet wird. Sofern dem künftigen Erblasser an der Anwendbarkeit seines Heimatrechts gelegen ist, sollte er im Rahmen seiner letztwilligen Verfügung unbedingt eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung treffen. Auch die Überprüfung bereits errichteter Testamente ist empfehlenswert.