Am 22. November 2012 trat das heiß umstrittene
Gesetz "Ley 10/2012 de 20 de noviembre" mit den neuen
Gerichtsgebühren in spanischen Zivil- Sozial- und Verwaltungsprozessen
in Kraft.
Mit diesem Gesetz versucht die spanische Regierung
das marode spanische Gerichtssystem zu finanzieren.
Das Gesetz basiert auf dem Gesetz 53/2002, vom 30.
Dezember 2002 über Steuer-, Verwaltungs- und Sozialmaßnahmen,
in welchem der spanische Gesetzgeber Gebühren für die
Inanspruchnahme der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit einführte,
welche bis dahin kostenlos waren.
Schon damals versuchte die spanische Regierung, mittels
der Einführung von Gebühren, die spanische Justizverwaltungsreform
zu finanzieren.
Nunmehr müssen neben juristischen Personen auch natürliche
Personen Gerichtsgebühren zahlen. Bisher waren diese von der
Zahlungspflicht ausgenommen. Auch viele der Ausnahmen, die bisher
bestimmten juristischen Personen zugute kamen, wurden aufgegeben.
Neu ist neben der Erhöhung der Zivil- und Verwaltungsprozessgebühren
nun auch, dass Gebühren in Sozialprozessen erhoben werden.
Anwendungsbereich:
Die Gerichtsgebühr gilt im gesamten spanischen
Staatsgebiet, auch wenn es den autonomen Gebietskörperschaften
im Rahmen ihrer Kompetenzen freisteht, weitere Gebühren und
Abgaben zu erheben. Die folgenden Prozesshandlungen werden mit Gebühren
versehen:
Zivilverfahren: Mahnantrag, Klage bei jeder Art von
Erkenntnisverfahren sowie Einspruch gegen die Vollstreckung von
außergerichtlichen Titeln, Widerklage, Berufung, außerordentliche
Rechtsbehelfe wegen Verfahrensverstößen und Kassationsbeschwerde.
Verwaltungsverfahren: Rechtsbehelfe im Verwaltungsrechtsweg,
Berufung und Kassationsbeschwerde.
Sozialverfahren: Kassationsbeschwerde und Einspruch
in zweiter Instanz.
Bei Strafverfahren fallen weiterhin keine Gebühren
an.
Wer hat die Gebühr zu zahlen und wann fällt
diese an:
Der Kläger hat die Gebühr bei Einreichung
der Klageschrift, mit Einlegung des Rechtsmittels der Berufung und
der Kassation zu zahlen.
Die Gebühr wird nach dem Verfahrensstreitwert
berechnet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diejenigen Verfahren,
deren Wert unbestimmt ist, auf einen Gegenstandswert in Höhe
von 18.000,--Euro festgelegt werden.
Die Gerichtsgebühren setzen sich nun aus einer
Pauschalgebühr von zwischen 100,00 € und 1.200,00 €
je nach gerichtlichem Verfahren und einem in Abhängigkeit von
dem Streitwert stehenden variablen Kostenteil zusammen. Dabei werden
grundsätzlich 0,5 % des Streitwertes angesetzt, mit einer Reduzierung
des variablen Satzes auf 0,25% für den Streitwertanteil über
1.000.000 €. Die maximalen Gerichtsgebühren sind auf den
Betrag von 10.000,00 € limitiert. Bisher lag die maximale Pauschalgebühr
auf nationaler Ebene bei 600,00 EUR.
In den Fällen der Klagehäufung oder wenn
verschiedene Ansprüche geltend gemacht werden, bestimmt sich
der gebührenrelevante Gegenstandswert nach der Summe der streitgegenständlichen
Ansprüche oder der gehäuften Klagen. Für den Fall,
dass eine oder mehrere Klageforderungen unbestimmten Wertes sind,
gilt die im vorigen Absatz beschriebene Berechnungsweise.
Gebührenliste:
Die Gerichtsgebühren setzen sich aus einem festen
und einem variablen Gebührenanteil zusammen. Die Festgebühr
wird in Übereinstimmung mit der folgenden Tabelle berechnet:
Zivilrechtsweg
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Bisherige Gebühr bis zum 21/11/12
|
Neues Gesetz
Ley 10/2012
|
Erhöhung
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Mündliches Verfahren (juicio verbal y cambiario)
|
90 €
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150 €
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60 €
|
Ordentliches Verfahren (Juicio Ordinario)
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150 €
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300 €
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150 €
|
Mahn- und Wechselverfahren (Monitorio, monitorio
europeo y demanda incidental en el proceso concursal)
|
50 €
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100 €
|
50 €
|
Vollstreckung nichtgerichtlicher Titel (Ejecución
extrajudicial y oposición a la ejecución de
títulos judiciales)
|
150 €
|
200 €
|
50 €
|
Insolvenzverfahren (Concurso necesario)
|
150 €
|
200 €
|
50 €
|
Berufungsverfahren (Recurso de Apelación)
|
300 €
|
800 €
|
500 €
|
Kassationsbeschwerde und außerordentliche
Rechtsbehelfe gegen Verfahrensverstöße (Recursos
de Casación y extraordinario por infracción)
procesal
|
600 €
|
1200 €
|
600 €
|
Verwaltungsrechtsweg (Contencioso administrativo)
|
|
|
|
Abgekürztes Verfahren (Abreviado)
|
120 €
|
200 €
|
80 €
|
Ordentliches Verfahren (Ordinario)
|
210 €
|
350 €
|
140 €
|
Berufungsverfahren (Recurso de Apelación)
|
300 €
|
800 €
|
500 €
|
Kassationsverfahren (Recurso de Casación)
|
600 €
|
1200 €
|
600 €
|
Sozialverfahren (SOCIAL)
|
|
|
|
Ordentliches Verfahren und andere Verfahrensmodalitäten
(Ordinario y demás modalidades procesales)
|
0 €
|
0 €
|
0 €
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Mahnverfahren (Monitorio)
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0 €
|
0 €
|
0 €
|
Einspruch in 2. Instanz (Recurso de Suplicación)
|
0 €
|
500 €
|
500 €
|
Kassationsbeschwerde (Recurso de Casación)
|
0 €
|
750 €
|
750 €
|
Der variable Gebührenanteil berechnet sich wie
folgt:
TIPO DE GRAVAMEN
|
Bisherige Gebühr
bis zum 21/11/12
|
Neues Gesetz
Ley 10/2012
|
Erhöhung
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Bis 1.000.000 € |
0,50%
|
0,50%
|
0 €
|
Rest |
0,25%
|
0,25%
|
0 €
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Höchstsatz |
6.000 €
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10.000 €
|
4.000 €
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Die neue Gebührentabelle wird von vielen als
Verstoß gegen die spanischen Grundrechte interpretiert, denn
bei einem Autounfall, bei dem der Kläger in die zweite Instanz
vor dem oberen Gerichtshof zu gehen hat, kann eine Gebühr von
19.500,- Euro anfallen.
Sollte bei einer Scheidung mit der Klage auf einen
Pensionsausgleich von 200,- Euro monatlich ein Berufungsverfahren
eingeleitet werden, würden Gebühren von 812 Euros anfallen.
Die gerechtfertigte Sorge ist, dass die Mehrheit der
spanischen Bürger die Gerichte nicht mehr in Anspruch nehmen
können, sondern diese nur noch einer Minderheit zur Verfügung
stehen.
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