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Die neue europäische Erbrechtsverordnung

von der Economista (Steuerberaterin, Col.Nº 720) Kathrin Thedens aus der Kanzlei Thedens

 

Am 17. August 2012 ist die neue europäische Erbrechtsverordnung ( Verordnung EU Nr. 650/2012, EU-Erb VO) in Kraft getreten. Die Anwendung der neuen Vorschriften erfolgt allerdings erst auf Erbfälle, die ab dem 17.08.2015 eintreten. Die Verordnung wird in der gesamten EU, mit Ausnahme von Irland, Großbritannien und Dänemark, wirksam.

Wohnsitzprinzip:
In der neuen Erbrechtsverordnung soll bei grenzüberschreitenden Erbfällen das Wohnsitzprinzip gelten, das bedeutet, dass die Erbfolge und der gesamte Nachlass des Verstorbenen, nach den Gesetzen des Staates abgewickelt wird, in dem der Erblasser zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Bei gerichtlichen Erbauseinandersetzungen sind die Gerichte des Landes des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen zuständig, außer der Erblasser hat in seinem Testament oder Erbvertrag das anzuwendende Erbrecht bestimmt.

Möglichkeit der Rechtswahl:
Die EU-Erbrechtsverordnung überlässt dem Erblasser die Bestimmung seines Erbrechts, er hat die Möglichkeit der Rechtswahl, welche für die Erbfolge und seine Nachlassregelung zuständig ist. Dies ist ausdrücklich in seinem letzten Willen bekannt zu geben. Sollte er dies nicht tun, kann es bei seinem Todesfall, sollte er seinen Lebensabend im Ausland verbracht haben, zu großen Überraschungen für die Erben kommen. Eine solche Rechtswahl kann auch bereits heute, also vor der Anwendung der EU-Erbrechtsverordnung, getroffen werden.

Ab dem 17.08.2015 kann es passieren, dass sich die Erben eines deutschen Rentners, der seinen Ruhestand in Ibiza verbracht hat, sich mit dem spanischen Erbrecht vor spanischen Gerichten auseinanderzusetzen haben. Das spanische Erbrecht würde in diesem Fall auf sein ganzes Weltvermögen angewandt werden und nicht nur auf das Eigentum, welches der Verstorbene in Spanien hatte. Zumal in Spanien die einzelnen Regionen "Comunidades Autónomas" ein unterschiedliches Erbrecht haben. Sollte der deutsche Rentner z.B. auf Ibiza versterben und keine Nachlassregelung getroffen haben, würde ibizenkisches Erbrecht angewandt werden. Die Ehefrau würde nach ibizenkischem Recht nur ein Nießbrauchrecht erhalten, während alles Eigentum die Kinder erben würden. Auch die Pflichtteilsansprüche sind in den einzelnen Ländern und Regionen unterschiedlich geregelt.

Bisher gilt, dass sollte ein deutscher Staatsangehöriger im Ausland versterben, der seinen Nachlass nicht geregelt hat, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelte Erbfolge Anwendung findet. War der Erblasser zum Beispiel verheiratet und hatte zwei Kinder, erhält die Ehefrau nach deutschem Recht im Regelfall die Hälfte des Vermögens, die Kinder je ein Viertel.

Nach dem 17.08.2015 würde jedoch, sollte der Erblasser kein deutsches Erbrecht testamentarisch bestimmt haben, dass Erbrecht nach dem letzen Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes angewandt werden.

Das neue europäische Erbrecht hält für die Nachkommen immer einen gewissen Spannungseffekt bereit. Denn wer kennt sich schon mit allen europäischen Erbrechten aus?

Daher sollten alle Testamente ab dem 17.08.2015 vom Erblasser noch mal genauestens überprüft werden, sollte dieser seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Ausland haben. Für alte Testamente sieht die EU- Erbrechtsverordnung zumindest einen gewissen Gültigkeitsschutz vor, sofern das Testament oder der Erbvertrag nach dem für den Erblasser einschlägigen Heimatrecht errichtet wurde. Doch um testamentarischen Widersprüchen vorzubeugen, die bei einer Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthaltes erfolgen könnten, ist es ratsam, erstellte Testamente zu überprüfen, ob das anzuwendende Erbrecht benannt wurde. Ratsam ist es auch in Zukunft Testamente nicht handschriftlich zu hinterlegen, sondern das Testament notariell anfertigen zu lassen. Sollte es zu gerichtlichen Streitigkeiten im Ausland kommen, würde ein notariell hinterlegtes Testament den Erben die Erbschaft erleichtern, da in einigen Ländern, wie z.B. Spanien, schriftliche Testamente nicht rechtswirksam sind.

Ferner sind vor der Erstellung eines jeden neuen Testaments alte Erbverträge und Testamente zu überprüfen. Es gibt Fälle, bei denen das neue Testament keine Rechtsgültigkeit hätte. Z.B. sollte ein gemeinschaftliches Testament, auch "Berliner Testament" genannt, erstellt worden sein, in welchem Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament sich gegenseitig als Erben einsetzen und die Kinder erst nach dem Ableben des verbleibenden Ehepartners erben. Dies ergibt keine Probleme, solange beide Ehepartner noch leben, da sie im gegenseitigem Einvernehmen das Testament jederzeit korrigieren können. Doch das Recht zum Widerruf erlischt mit dem Tode eines der Ehepartner. Der Überlebende Ehepartner ist an die Schlusserbeneinsetzung gebunden.

Mit der neuen Erbrechtsverordnung soll ein europäischer Erbschein eingeführt werden, der Sie in jedem Mitgliedstaat als Erbe ausweißt. Das europäische Nachlasszeugnis ist bestens für grenzüberschreitende Erbfälle innerhalb Europas geeignet und dürfte für erhebliche Erleichterungen im Rechtsverkehr sorgen.

Spanischer Erbfall von deutschen Staatsangehörigen vor dem 17.08.2015:

Bis zum 17.08.2015 richtet sich das anzuwendende Erbrecht des Erblassers nach seiner Staatangehörigkeit, was bedeutet, dass deutsche Staatsangehörige, auch wenn sie in Spanien leben oder dort verstorben sind, stets nach deutschem Erbrecht vererben. Für eine Erbschaftsannahme von deutschen Staatsangehörigen, der sich in Spanien befindenden Erbmasse, ist dem spanischen Notar der deutsche Erbschein beizubringen. Erbauseinandersetzungen werden von deutschen Gerichten entschieden.

Wie und wo erhalte ich einen Erbschein?
Erbscheine müssen beim zuständigen deutschen Nachlaßgericht formell beantragt werden. Dieser Antrag kann direkt beim Gericht zur Niederschrift des Urkundsbeamten oder bei einem deutschen Notar oder, wenn der Erbe sich im Ausland aufhält, bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung aufgenommen und beurkundet werden. Spanische Gerichte und Notare sind hingegen für die Erteilung des Erbscheins eines deutschen Erblassers in keinem Fall zuständig, auch dann nicht, wenn der Erblasser ein Testament nach spanischem Recht hinterlassen haben sollte.

Die Erbfolge richtet sich zwar nach der Nationalität des Erblassers aber die rechtliche und steuerliche Abwicklung des Erbfalls nach den spanischen gesetzlichen Erfordernissen. Dies wird auch in Zukunft so sein, dass die in Spanien vorhandene Erbmasse zunächst in Spanien zu versteuern ist. Ob im Heimatland weitere Erbschaftssteuern anfallen, hängt von den Steuergesetzen des Heimatlandes ab. Die neue europäische Erbrechtsverordnung hat nichts mit der zu zahlenden Erbschaftssteuer in Spanien zu tun, welche bereits 6 Monate nach dem Tod des Erblassers an das spanische Finanzamt zu entrichten ist, sondern nur mit der rechtlichen Erbfolge.

Solange die europäischen Urteile ob der Diskriminierung der in Spanien hohen Erbschaftssteuer nicht rechtswirksam sind, wird es auch beim Thema der eventuell von Ausländern in Spanien zu viel gezahlten Erbschaftssteuer keine Veränderungen geben.

Um vor einem spanischen Notar eine Erbschaft anzunehmen, müssen folgende Urkunden vorgelegt werden:
a) die internationale Sterbeurkunde mit einer Apostille versehen,
b) das spanische Testament des Erblassers
c) der Erbschein mit beglaubigter Übersetzung und mit Apostille versehen,
d) Bescheinigung des zentralen spanischen Testamentsregisters in Madrid,
e) Bescheinigung der Bank über bestehende Guthaben,
f) bei Immobilienbesitz die notarielle Erwerbsurkunde des Erblassers,
g) der letzte Grundsteuerbeleg bezüglich der Immobilie des Erblasser mit den Katasterwerten (recibo de contribucion)

Der Geschäftswert der notariellen Annahmeerklärung wird nicht vom Notar festgesetzt, sondern von den Erben. Ihnen ist zu empfehlen, in Bezug auf den Wert der Erbschaft fachlichen Rat einzuholen. Das spanische Finanzamt hat die rechtliche Möglichkeit, innerhalb von vier Jahren nach der Erbschaftsannahme, den Wert des Erbes zu revidieren und eine Nachversteuerung vorzunehmen.
Bei Immobilienbesitz ist nach Art.9 des spanischen Erbschafts- und Schenkungsgesetzes als Bemessungsgrundlage für den Wert der Immobilie der tatsächliche aktuelle "Marktwert" abzüglich der Belastungen und Schulden zugrunde zu legen. Bei spanischen Erbschaften können die Bestattungskosten von der abzuführenden Erbschaftssteuer abgezogen werden.

Fazit: Bei allen Nachlassplanungen insbesondere, wenn der künftige Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, sollte zwingend geprüft werden, welches Erbrecht im Todesfalle angewendet wird. Sofern dem künftigen Erblasser an der Anwendbarkeit seines Heimatrechts gelegen ist, sollte er im Rahmen seiner letztwilligen Verfügung unbedingt eine entsprechende Rechtswahlvereinbarung treffen. Auch die Überprüfung bereits errichteter Testamente ist empfehlenswert.